Die „drohende Gefahr“ als Schlüsselbegriff einer Sekuritisierung des Rechts

Autor/innen

  • Andrea Kretschmann Centre Marc Bloch, Berlin
  • Aldo Legnaro

Abstract

Die Vorstellung von drohenden Gefahren im Sinne bloß vermutbarer, zukünftiger Gefahren noch diffusen Charakters wird im Polizeirecht und der polizeilichen Praxis immer verbreiteter. Solche Gefahren stellen zuerst einmal eine Imagination des Gesetzgebers, in der Praxis dann aber auch der Sicherheitsbehörden dar und sind in ihrer (rechtlich) begrifflichen Vagheit besonders geeignet, exekutive Ermächtigungen durchzusetzen, die eine neuartige polizeiliche Verfügungsmacht über Zeit und Raum und damit einhergehend eine Flexibilisierung von Kontrolle beinhalten. Das bringt im Ergebnis eine Sekuritisierung des Rechts mit sich, wie wir exemplarisch am Konzept des Gefährders, am Konzept der drohenden Gefahr in den neuen Polizeigesetzen und den Methoden des predictive policing zeigen, die alle in einer Vorstellung von abstrahierten bzw. unkonkret drohenden Gefahren ihren gemeinsamen Fluchtpunkt haben und diese entweder personalisieren, generalisieren oder lokalisieren. Das eröffnet einem „governing through crime“ (Simon) neuartige Möglichkeiten und lässt sich als Zeichen einer weitgefassten präventiven Sekuritisierung lesen, die nicht ohne totalitäre Gefahren ist.

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Veröffentlicht

26.05.2023